September 2024
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Futuristische Glas-Skulptur am Stadelhofen

Architektur und Technik / «Haus zum Falken», Zürich

Die skulpturale Glasfassade des «Haus zum Falken» setzt am Bahnhof Stadelhofen einen futuristischen Akzent: Mit komplexer Geometrie, 40 000 Einzelbauteilen und 1680 einzigartigen Gläsern überführt Aepli Metallbau Calatravas visionäre Formensprache in ein technisches Kunstwerk – präzise geplant, digital gefertigt und kühn realisiert.


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Die rund 19 m hohe Glasvorhangfassade besteht aus acht Einzelflächen.
Die rund 19 m hohe Glasvorhangfassade besteht aus acht Einzelflächen.

Architektur und Technik / «Haus zum Falken», Zürich

Futuristische Glas-Skulptur am Stadelhofen

Die skulpturale Glasfassade des «Haus zum Falken» setzt am Bahnhof Stadelhofen einen futuristischen Akzent: Mit komplexer Geometrie, 40 000 Einzelbauteilen und 1680 einzigartigen Gläsern überführt Aepli Metallbau Calatravas visionäre Formensprache in ein technisches Kunstwerk – präzise geplant, digital gefertigt und kühn realisiert.

Text: Gerald Brandstätter, Conzept B, Zürich / Aepli Metallbau AG / Bilder: Ingo Rasp

Die Architektur von Santiago Calatrava und seinem Büro Calatrava Valls SA verbindet Kunst und Technik zu dynamischen, skulpturalen Bauwerken. Zu seinen bekanntesten Projekten zählen die Samuel Beckett Bridge in Dublin, das verdrehte Hochhaus «Turning Torso» in Malmö, die «Stadt der Künste und Wissenschaften» in Valencia sowie der prägnante Oculus-Bahnhof in New York.1951 in Spanien geboren, fand Calatrava bereits als junger Mann den Weg nach Zürich, wo er später an der ETH Architektur und Ingenieurwissenschaften studierte. Mit 29 gründete er sein eigenes Büro und realisierte gemeinsam mit Arnold Amsler sein erstes grosses Werk: den Bahnhof Stadelhofen. Es folgten international beachtete Bahnhofs- und Infrastrukturprojekte in Lyon, Lissabon und New York. Nun kehrt Calatrava mit dem «Haus zum Falken» in unmittelbarer Nachbarschaft zu seinem Erstlingswerk nach Zürich zurück. «Dass wir mit dem Haus zum Falken an die Tradition herausragender Architektur rund um den Globus anschliessen dürfen, erfüllt uns mit Stolz», sagt Matthias Elmer, CEO der Aepli Metallbau AG.

Städtebaulicher Akzent

Das neue Geschäftshaus «Haus zum Falken» reagiert auf die komplexe Geometrie des Grundstücks zwischen städtischem Raum, dem Verkehrsknotenpunkt Stadelhofen und dem Bahnhof, den Santiago Calatrava bereits in den 1990er-Jahren realisierte. Unter der Leitung der AXA Anlagestiftung entstand ein Gebäude, das architektonische Exzellenz mit funktionalen Anforderungen vereint und einen neuen städtebaulichen Akzent am Stadelhofenplatz setzt.
Auf einer Grundstücksfläche von 911 m² umfasst das «Haus zum Falken« ein Volumen von 13 984 m³. Die vier Obergeschosse bieten rund 2000 m² moderne Büro- und Ladenflächen. Im Untergeschoss verbessern 800 Velostellplätze die Infrastruktur für Pendler und Anwohnende. Die herausragende Lage wird durch eine markante Glas-Metall-Fassade unterstrichen, die sowohl technisches Kunstwerk als auch Designelement ist. Sie verleiht dem Gebäude seinen unverwechselbaren Charakter und macht es zu einem futuristischen Wahrzeichen im Herzen Zürichs, das neue Massstäbe in der Fassadentechnologie setzt.  

Die gesamte Fassadenmontage erfolgte gerüstlos von innen.
Die gesamte Fassadenmontage erfolgte gerüstlos von innen.

Die komplexe Fassade – Ein technisches Meisterwerk

Die Glasvorhangfassade besteht aus acht Einzelflächen, die sich in komplexer Geometrie zu einer markanten, facettierten Gebäudehülle fügen. Die Fassadenhaut übernimmt dabei keine tragende Funktion.
Im Grundriss ergibt sich ein schmales, langgezogenes Dreieck. Der rund 19 m hohe Baukörper folgt dabei keinem einfachen, flächigen oder senkrechten Verlauf: Die beiden Längsseiten bestehen jeweils aus drei Einzelflächen: einer zentralen, nach innen geneigten Fläche sowie zwei äusseren Flächen in den Eckbereichen, die im Dachbereich auskragen und sich zum Boden hin zurücknehmen. Die Stirnseiten sind durch nach aussen gewölbte Flächen geprägt, die ebenfalls im Dachbereich auskragen.
An der breiteren Stirnseite laufen die beiden Fassadenkanten jeweils in einen spitzen Winkel zusammen, wobei der Abstand zum Boden ausreichend Raum für die Zirkulation der Passanten lässt. Auch an den Längsseiten verläuft die Fassade etwa in der Gebäudemitte in einen Spitz. Die westliche Stirnseite endet in einem spitz zulaufenden Punkt, der direkt auf dem Boden abschliesst.
Der Dachrand bildet eine durchgehende, horizontale Linie, während die Fassade zum Boden hin in einer dynamischen Bogenform abschliesst. Besonders im Bereich der Zugänge schaffen die hohen Bögen Raum für Personenverkehr und Tageslichteinfall. Im zurückversetzten Erdgeschoss bildet eine Rundbogenverglasung den unteren Abschluss der Fassade, die zu den stirnseitigen Eingängen ausgerichtet ist und eine Höhe von 4,60 Metern erreicht.  

Die westliche Stirnseite endet in einem spitz zulaufenden Punkt, der direkt auf dem Boden abschliesst.
Die westliche Stirnseite endet in einem spitz zulaufenden Punkt, der direkt auf dem Boden abschliesst.

1730 vertikalen Pfosten

Die acht Fassadenflächen sind in vertikale Bänder unterteilt. Schmale Glasfelder mit einer Breite von 480 mm werden von weissen Aluminiumprofilen eingefasst, die als vertikale Pfosten ausgeführt sind. Charakteristisch für die Glasvorhangfassade sind gestaffelte bzw. geschuppte Glasbänder und regelmässig angeordnete Pfosten, die das gesamte Gebäude umhüllen. Aufgrund der komplexen Geometrie war eine individuelle Fertigung von 1730 vertikalen Pfosten erforderlich. Insgesamt umfasst die Fassade rund 40 000 Einzelbauteile.
Die unteren, bogenförmigen Abschlüsse der Fassadenelemente sind mit den darüberliegenden verbunden, während die Pfosten in den oberen Geschossen geschosshoch ausgeführt wurden. Im 4. Obergeschoss erhielten die Pfosten zusätzlich einen schrägen Rücksprung zum Dach hin. Der längste Pfosten misst 4200 mm, die kürzeste etwa 80 mm. 

Charakteristisch für die Fassade sind geschuppte Glasbänder und regelmässig angeordnete Pfosten, die das gesamte Gebäude umhüllen.  Im Print weglassen
Charakteristisch für die Fassade sind geschuppte Glasbänder und regelmässig angeordnete Pfosten, die das gesamte Gebäude umhüllen. Im Print weglassen

Montage und Verglasung

Zur Steigerung der Montageeffizienz wurden die Fassadenelemente in Einheiten mit je fünf Pfosten und vier Glaselementen gefertigt. Diese Pfosteneinheiten sind horizontal über Riegel und Verbindungsstücke verbunden. Die vertikalen Pfostenprofile wurden von Aepli Metallbau aus Aluminium, die horizontalen Riegel aus Stahl gefertigt – zur Erfüllung statischer und schallschutztechnischer Anforderungen.
Die Glaselemente sind ausschliesslich in einem geprüften Structural-Glazing-Verfahren verklebt worden, mechanische Befestigungen wurden bewusst vermieden, um sichtbare Klammern zu verhindern und die klare Ästhetik der Fassade zu erhalten. Insgesamt wurden 1680 Gläser verbaut – jedes ein Unikat in Geometrie und Grösse. Das grösste Glaselement misst 4200 × 460 mm.

Im Erdgeschoss bildet eine Rundbogenverglasung den unteren Abschluss der Fassade, die zu den stirnseitigen Eingängen ausgerichtet ist.
Im Erdgeschoss bildet eine Rundbogenverglasung den unteren Abschluss der Fassade, die zu den stirnseitigen Eingängen ausgerichtet ist.

 

Die komplexe Geometrie erforderte eine individuelle Fertigung von 1730 vertikalen Pfosten . Im Print weglassen
Die komplexe Geometrie erforderte eine individuelle Fertigung von 1730 vertikalen Pfosten . Im Print weglassen

Siebdruckveredelung

Für die 1800 m² grosse Glasfassade lieferte BGT Bischoff Glastechnik – ein Unternehmen der Glas Trösch Gruppe – speziell konfigurierte Dreifach-Isolierverglasungen mit «Silverstar Combi Neutral 51/26» - Beschichtungen, die hohen Sonnenschutz mit effizienter Wärmedämmung vereinen. Zusätzlich kam die «Silverstar EN2plus T»-Schicht als ergänzender Wärmeschutz zum Einsatz, wodurch Ug-Werte von bis zu 0,5 W/m²K bei gleichzeitig hoher Lichttransmission erzielt werden konnten. Eine doppelte bis vierfache Siebdrucktechnik erzeugt auf der Fassadenoberfläche subtile Tiefenwirkungen. Der weisse Punktdruck auf der Aussenseite lässt das Glas aus der Distanz milchig erscheinen – einzelne Punkte sind dabei nicht mehr erkennbar. Auf der Innenseite besteht ein schwarzer Punktdruck.

Innenansicht der Erdgeschossverglasungen.  Im Print weglassen
Innenansicht der Erdgeschossverglasungen. Im Print weglassen

Integration der Fassade in den Rohbau

Die Fassadenelemente hat Aepli so konzipiert, dass sie Toleranzen und Verformungen des Tragwerks aufnehmen, ohne die gestalterische Integrität zu beeinträchtigen. Jedes Fassadenelement ist sowohl am Element selbst als auch an der Unterkonstruktion fixiert, wodurch kontrollierte horizontale Ausdehnungen möglich sind. Deckenüberstände und präzise gesetzte Dilatationsfugen garantieren die langfristige Funktionsfähigkeit und Flexibilität der Konstruktion. Besonders berücksichtigt wurde die thermische Beanspruchung durch unterschiedliche Sonneneinstrahlung sowie die Schwingungsübertragung vom benachbarten Bahnhof.

Vertikalschnitt, unten nach aussen verlaufend. Die vertikalen Pfostenprofile sind aus Aluminium, die horizontalen Riegel (im Bild) aus Stahl gefertigt.
Vertikalschnitt, unten nach aussen verlaufend. Die vertikalen Pfostenprofile sind aus Aluminium, die horizontalen Riegel (im Bild) aus Stahl gefertigt.

 

Vertikalschnitt, unten nach innen verlaufend, im Zwischenbodenbereich. Horizontaler Glas- und Profilstoss. Alle Gläser sind SG-Verklebt.
Vertikalschnitt, unten nach innen verlaufend, im Zwischenbodenbereich. Horizontaler Glas- und Profilstoss. Alle Gläser sind SG-Verklebt.

Produktion direkt ab 3D-Daten

Die gesamte Fassade wurde in enger Zusammenarbeit zwischen der Aepli Metallbau AG und der PBF Fassadentechnik AG ausschliesslich in 3D geplant. Dank dieser Planung konnten komplexe Geometrien sowie die Details der Übergänge an Gebäudeecken, Dachrandanschlüssen und spitz zulaufenden Fassadenenden präzise umgesetzt werden. Um die Planungszeit für die 40 000 Einzelbauteile zu verkürzen, wurde eine spezielle Software entwickelt, die eine direkte Ansteuerung der Produktion über die 3D-Daten ermöglichte. Michael Röthenmund, technischer Leiter bei Aepli Metallbau AG, hebt hervor: «Diese Innovation beschleunigte den Planungsprozess erheblich.» Trotz dieser Optimierung dauerte die Planungsphase rund 2,5 Jahre, während das gesamte Projekt von der Auftragserteilung bis zur Fertigstellung etwa vier Jahre in Anspruch nahm.
Die Umsetzung der komplexen Fassadengeometrie erfolgte durch Aepli Metallbau in gerüstloser Montage, die höchste Anforderungen an Planung, Logistik und Arbeitssicherheit erforderte. Das «Haus zum Falken» stellte in allen Phasen – von der digitalen Planung über die präzise Produktion bis zur termingerechten Montage unter schwierigen Baustellenbedingungen – eine aussergewöhnliche Herausforderung dar. An Planung, Fertigung, Koordination und Montage war ein interdisziplinäres Team von etwa 50 internen Fachleuten sowie spezialisierte externe Partner und Lieferanten beteiligt.
Mit einer herausragenden technischen Leistung hat Aepli Metallbau die visionäre Architektur von Santiago Calatrava erst möglich gemacht und in die Realität umgesetzt. «Die Firma Aepli hat gezeigt, dass technische Standardelemente des Fassadenbaus – wie die Elementfassade – weit mehr sein können: Sie haben mit ihnen ein Kunstwerk am Bau geschaffen», umschreibt Santiago Calatrava die Arbeit von Aepli. 

Horizontalschnitt: Gut zu sehen ist die aussenseitig geschuppte Glashaut sowie die Profilfügungen mit Dichtung. Die Vertikalprofile bestehen aus Aluminium.
Horizontalschnitt: Gut zu sehen ist die aussenseitig geschuppte Glashaut sowie die Profilfügungen mit Dichtung. Die Vertikalprofile bestehen aus Aluminium.

 

Bautafel / Panneau de chantier

Bauherrschaft:

AXA Anlagestiftung, Winterthur

Architekt:

Santiago Calatrava (Calatrava Valls SA), Zürich

Totalunternehmer:

Allreal Generalunternehmung AG, Glattpark

Fassadenplanung:

Aepli Metallbau AG / PBF Fassadentechnik AG

Fassade:

Aepli Metallbau AG, Gossau

Glashersteller:

BGT Bischoff Glastechnik (Glas Trösch Gruppe)

 

Das Fachregelwerk Metallbauerhandwerk – Konstruktionstechnik enthält im Kap. 2.8 wichtige Informationen zum Thema «Warmfassaden».