September 2024
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Die unsichtbare Gefahr beim Schweissen

Elektrischer Strom

Professionelle Schweisser/-innen sind bestens ausgerüstet – mit Helmen, Handschuhen und Schutzkleidung, die sie zuverlässig vor äusseren Einflüssen schützen. Was jedoch häufig unterschätzt wird, ist die unsichtbare Gefahr: der elektrische Strom.
(Text - gekürzte Fassung)


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Elektrodenschweissen: Zwei Personen schweissen gleichzeitig am selben Bauteil.
Elektrodenschweissen: Zwei Personen schweissen gleichzeitig am selben Bauteil.

Elektrischer Strom

Die unsichtbare Gefahr beim Schweissen

Professionelle Schweisser/-innen sind bestens ausgerüstet – mit Helmen, Handschuhen und Schutzkleidung, die sie zuverlässig vor äusseren Einflüssen schützen. Was jedoch häufig unterschätzt wird, ist die unsichtbare Gefahr: der elektrische Strom.
(Text - gekürzte Fassung)

Text und Bilder: Fronius International GmbH

Bereits ein kurzer Moment der Unachtsamkeit kann schwerwiegende Folgen nach sich ziehen: Ein unerwarteter Zuruf – ein reflexartiges Umdrehen und die ungeschützte Hand greift zur Stabelektrode. Folge: Der Körper wird Teil des Stromkreises. Isolierende Arbeitsschuhe oder eine Schweissmatte aus Nitrilgummi unterbrechen in solchen Fällen den Stromfluss und schützen zuverlässig.
Elektrischer Strom nimmt im Körper stets den kürzesten Weg zwischen Eintritts- und Austrittsstelle. Verläuft dieser beispielsweise über beide Hände, durchquert der Strom nicht nur Arme und Oberkörper, sondern auch lebenswichtige Organe wie das Herz – mit potenziell tödlichen Folgen (Skizze 1).

Vorsicht vor der Leerlauf-Spannung

Während bei handelsüblichen Elektrogeräten die unter Spannung stehenden Teile gegen Berührung geschützt sind, besteht beim Lichtbogen-Schweissen ein erhöhtes Risiko: Die Leerlauf-Spannung kann zur gefährlichen Berührungsspannung werden – insbesondere dann, wenn gleichzeitig das Werkstück (Masse) und die Elektrode oder unisolierte Teile des Elektrodenhalters berührt werden. In einem solchen Fall spricht man von einer «Durchströmung» des menschlichen Körpers.
Für die Leerlauf-Spannung gelten – je nach Einsatzbedingungen – festgelegte Höchstgrenzen. Eine elektrische Gefährdung für den Menschen beginnt bereits bei Spannungen über 25 Volt Wechselspannung (Effektivwert) oder 60 Volt Gleichspannung, sofern gleichzeitig ein ausreichend hoher Stromfluss möglich ist.   

Skizze 2: Spannungsmessung mit Voltmeter.
Skizze 2: Spannungsmessung mit Voltmeter.

Selbst geringe Stromstärken sind lebensgefährlich

Wenn elektrischer Strom den menschlichen Körper durchfliesst, wirkt er reizend auf Muskeln, Nerven und das Herz-Kreislauf-System. Mögliche Folgen reichen von Muskelverkrampfungen und Atemstillstand bis hin zu sogenannten Strommarken – kleinen, punktförmigen Verbrennungen an den Ein- und Austrittsstellen des Stroms. Bereits ab einer Stromstärke von 30 Milliampere besteht akute Lebensgefahr. Die «Loslassgrenze» liegt bei Wechselstrom zwischen 10 und 15 mA, bei Gleichstrom etwa bei 50 mA. Wird diese Schwelle überschritten, können die Muskelkrämpfe so stark ausfallen, dass betroffene Personen nicht mehr in der Lage sind, stromführende Teile ohne fremde Hilfe loszulassen – ein besonders hohes Risiko für Schweissfachkräfte im Arbeitsalltag.
Wechselstrom gilt als deutlich gefährlicher als Gleichstrom, da er den Herzrhythmus beeinträchtigen und Herzkammerflimmern auslösen kann. Oft unterschätzt wird zudem, dass bereits geringe Stromstärken zwischen 1 und 10 mA ausreichen, um unwillkürliche Reflexbewegungen hervorzurufen, die oftmals Sekundärunfälle nach sich ziehen. Beispielsweise könnten solche unkontrollierten Reaktionen zum Sturz von der Leiter oder zu anderweitigen Verletzungen führen.
Neben der Stromstärke spielt auch die Dauer der Einwirkung auf den menschlichen Körper eine entscheidende Rolle für das Verletzungsrisiko. Je länger der Stromfluss anhält, desto gravierender sind die gesundheitlichen Folgen. Aus diesem Grund ist es für Schweissfachkräfte unerlässlich, stets geeignete Schutzausrüstung zu tragen. In Europa müssen Schweisshandschuhe den Anforderungen der Norm EN 12477 entsprechen, während Arbeitsschuhe die Schutzklasse S3 gemäss EN ISO 20345 erfüllen sollten.  

Wie ermittelt man die Gefahr?

Die Stromstärke (I) ist von der angelegten Spannung (U) und dem Widerstand (R) abhängig und folgt dem ohmschen Gesetz (U = R x I). Will man die Stromstärke ermitteln, kann ein Körperwiderstand (ohne Schutzausrüstung) von Hand zu Hand oder Hand zu Fuss von 1000 Ohm angenommen werden. Besitzt das Schweissgerät laut Typenschild eine Leerlauf-Spannung von 50 V, kann gemäss dem ohmschen Gesetz (I = U / R) ein lebensgefährlicher Strom von 50 mA durch den Körper fliessen.

Skizze 3: Schutzleiterunterbrechung: Elektrodenhalter liegt unisoliert auf dem Schweissgerät.
Skizze 3: Schutzleiterunterbrechung: Elektrodenhalter liegt unisoliert auf dem Schweissgerät.

Vorsicht beim Schweissen mit mehreren Schweissgeräten

Arbeiten Schweissfachkräfte gleichzeitig mit mehreren Schweissgeräten an einem Werkstück oder an leitend verbundenen Bauteilen, kann die entstehende Berührungsspannung – insbesondere die Leerlauf-Spannung – unzulässig hohe Werte erreichen. Dieser gefährliche Zustand ist oft nicht unmittelbar erkennbar.
Besonders kritisch wird es, wenn gleichzeitig mit unterschiedlicher Polung geschweisst wird: Beim Gleichstromschweissen (DC) summieren sich in diesem Fall die Leerlauf-Spannungen der beteiligten Schweissgeräte, was zu gefährlich hohen Spannungswerten führen kann. «Gerade auf Baustellen ist das keine Seltenheit», berichtet Franz Bichler, Schweisstrainer bei Fronius International. «Früher haben wir oft meterlange Bauteile zu zweit oder zu dritt verschweisst – bei komplexen Komponenten auch mit unterschiedlicher Polung, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Wenn in solchen Situationen die Erdung fehlerhaft ist, kann die summierte Spannung durch den Körper der Schweissfachkraft fliessen – mit lebensbedrohlichen Folgen wie Stromschlägen, Herzrhythmusstörungen oder schweren Verbrennungen.»
Beim Schweissen mit Wechselstrom (AC) beeinflussen sowohl die Polung der Stromkreise als auch der netzseitige Anschluss der Geräte die daraus resultierende Leerlauf-Spannung. Unter ungünstigen Bedingungen kann die Berührungsspannung bis zur Summe aller Leerlauf-Spannungen der eingesetzten Geräte ansteigen. Daher ist es unerlässlich, vor Beginn der Arbeiten die Spannung zwischen den Schweissbrennern bzw. Elektrodenhaltern zu messen. Die Messung erfolgt mit einem Multimeter, wobei beide Messspitzen direkt an die Schweissbrenner (Elektrodenhalter) angesetzt werden – (Skizze 2).   

Skizze 4: Schutzleiterunterbrechung: Ans Netz angeschlossene Elektrohandwerkzeuge liegen auf den Schweisstischen.
Skizze 4: Schutzleiterunterbrechung: Ans Netz angeschlossene Elektrohandwerkzeuge liegen auf den Schweisstischen.

  

Zusammenfassung und Schlussfolgerung

Sicherheit hat beim Schweissen oberste Priorität. Ein unsachgemässer Umgang mit Schweissgeräten kann schwerwiegende Folgen nach sich ziehen – insbesondere durch hohe Leerlauf-Spannungen, verschleppte Schweissströme oder bei Arbeiten unter erhöhter elektrischer Gefährdung. Solche Risiken lassen sich jedoch durch konsequente Einhaltung geeigneter Schutzmassnahmen deutlich reduzieren.
Besondere Aufmerksamkeit ist an nassen, feuchten oder heissen Arbeitsplätzen erforderlich, da dort die Schutzwirkung von Kleidung und Ausrüstung beeinträchtigt sein kann. Treten Störungen auf, sind unverzüglich geeignete Massnahmen zu ergreifen, um Personen- und Sachschäden zu vermeiden. 

Das Fachregelwerk Metallbauerhandwerk – Konstruktionstechnik enthält im Kap. 1.7.2.5 wichtige Informationen zum Thema «Schweissen».